September 2022

Ornamentikelement der Straub’schen Grabkapelle

Daniel Straub (1815–1889) gilt im Volksmund als „zweiter Gründer“ seiner Heimatstadt Geislingen. Zunächst übernahm er die Mühle seines Schwiegervaters, die Kapellmühle. Sein Unternehmergeist brachte ihn dann dazu, eine Reparaturwerkstatt für die im Bau der Geislinger Steige benötigten Maschinen einzurichten. Im Jahr 1850 wurde daraus die Maschinenfabrik Geislingen (MAG). 1853 gründete er mit den Brüdern und Metalldrückern Schweizer die „Plaquéfabrik“ Straub & Schweizer, den Vorläufer der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF). Mit den Erzeugnissen seiner Metallwarenfabrik machte er sich über die württembergischen Grenzen hinaus einen Namen.

Fernab dieser wirtschaftlichen Geislinger Erfolgsgeschichte erlebte Daniel Straub jedoch im Privaten auch sehr dunkle Stunden. Mit Zuversicht hatte Straub ursprünglich den Übergang der Firma zu Beginn des Zweiten Kaiserreichs an seinen aussichtsreichen Erben, seinen einzigen Sohn Heinrich, geplant. Heinrich war am 16. November 1839 geboren und hatte in Stuttgart Ingenieurswissenschaften studiert. Sein Vater hatte ihn somit zunehmend in die Firmenangelegenheiten unterwiesen und entsprechend mit wichtigen Geschäftsreisen betraut. Besuche der Weltausstellungen in London (1862) und Paris (1867) inspirierten Heinrich zudem, um die Firma und ihre Produktpalette zukunftsfähig zu machen. Im Sommer 1870 erkrankte Heinrich jedoch, vermutlich an Tuberkulose, was ihn in den Folgejahren zu zahlreichen Kuraufenthalten in den Bergen und schließlich im fernen Ägypten zwang. Dort starb er dann plötzlich an einem Blutsturz am 18. Februar 1876. Daniel Straub scheute keine Unkosten, um den einbalsamierten Leichnam seines einzigen Sohnes nach Geislingen zu überführen und ihn so in der Heimat bestatten zu können.

Der Tod seines Erben und einzigen Sohnes bedeutete für den Vater und Unternehmer Daniel Straub einen tiefen Einschnitt. In den Folgejahren zog er sich schrittweise aus all seinen Unternehmen zurück. Im Jahr 1877 erteilte er dem renommierten Stuttgarter Architekten Christian Friedrich von Leins (1814–1892) für 700.000 Reichsmark den Auftrag, ein Mausoleum für seinen Sohn auf dem Friedhof im Rorgensteig zu errichten. Leins entwarf eine Familiengruft über die sich eine Kapelle aus grünem und gelbem Schilfsandstein im neoklassizistischen Stil erhebt. Das Mausoleum ist von weitem an seiner gusseisernen Lichtkuppel erkennbar, zu der auch das abgebrochene Zierelement gehört, das zusammen mit zahlreichen baugleichen Elementen die florale untere Umrandung der Kuppel bildet.

Die Umschrift der Grabkuppel lautet: ZUR EHRE GOTTES UND ZUM GEDÄCHTNIS IHRES EINZIGEN FRÜH VEREWIGTEN SOHNES HEINRICH – ERRICHTET VON DANIEL UND KATHARINA STRAUB MDCCCLXXIX. Bei der Fertigstellung der Kapelle im Jahr 1879 wurde der Sarkophag Heinrichs dort aufgebahrt. Die Eltern Daniel und Anna Katharina Straub ließen sich nach ihrem Tod ebenfalls in der Kapelle aufbahren. Das Gebäude wurde letztmals 1990 renoviert und steht auf der Liste der erhaltenswerten Kulturdenkmäler.

Ornamentikelement der Straub’schen Grabkapelle

Geislingen, 1878/79

Gusseisen