Mai 2025
Die Eisenbahn verändert eine Stadt
Idyllisch liegt Geislingen zu Füßen des Ödenturms und des Helfensteins. Die vom Maler Jean Eberhardt abgebildete Stadt inmitten grüner Berghänge liegt auf den ersten Blick ruhig da. Rauchschwaden zeigen jedoch den Beginn einer neuen Zeit an. Zwei Dampflokomotiven ziehen einen Zug oberhalb der Häuser die neu errichtete Geislinger Steige hinauf – als Sinnbild für die einziehende Industrialisierung und ein vorher ungeahntes Wachstum der Stadt.
Mit der Aufnahme des Bahnverkehrs auf der Steige Ende Juni 1850 war in Geislingen ein Jahrhundertprojekt abgeschlossen worden. Tausende Arbeiter hatten in nur etwas mehr als drei Jahren den ersten und lange Zeit einzigen Albaufstieg geschaffen. Mit dem neuen Verkehrsmittel erschlossen sich neue Absatzmärkte, nicht nur für Beindrechseler, die ihre erzeugten Waren am Bahnhof wartenden Fahrgästen anboten. Aufstrebende Unternehmer wie Daniel Straub erreichten auf diesem Weg mit ihren Industrieprodukten ihre Abnehmer.
Von diesen Vorgängen erahnt man auf dem Gemälde noch wenig, auch wenn neben dem Turm der Stadtkirche eine frühe Ausbaustufe von Straubs Kapellmühle auf ihrer Entwicklung hin zum Produktionskomplex der Maschinenfabrik Geislingen erkennbar ist. Prominenter treten mit ihrem Dampf die beiden Alb-Lokomotiven hervor, die als eigens für die Geislinger Steige konstruierte Fahrzeuge noch länger als einzig leistungsfähige Maschinen die Strecke bedienten.
Das Original des Objekts des Monats Mai findet sich im zweiten Obergeschoss des Museums im Alten Bau, im Themenbereich Geislinger Steige, der im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 175 Jahren Geislinger Steige am 28. und 29. Juni 2025 unter anderem mit dem funktionstüchtigen Modell des Bahnbetriebs auf der Steige in den 1920er Jahren aufwarten wird.
Ansicht der Stadt Geislingen von Jean Eberhardt
Geislingen, um 1867
