März 2025

Der Gang zur Wahlurne

Im April 2025 wiederholt sich ein Vorgang, der schon in den letzten über 200 Jahren Auswirkung auf Geislingen und seine Stadtteile hatte und auch weiter haben wird: die Wahl eines neuen Stadtoberhaupts. Schon seit dem Erlass der Württembergischen Verfassung des Jahres 1819 werden auch in der Fünftälerstadt die Bürgermeister per Wahlverfahren bestimmt und hierfür Wahlurnen verwendet.

Durch ein Verwaltungsedikt aus dem Jahr 1922 wurde der Titel „Stadtschultheiß“ festgelegt, der erst über ein Jahrhundert später in „Bürgermeister“ abgeändert wurde. Seit 1947 trägt der Amtsinhaber den Titel „Oberbürgermeister“. Wie der Name so änderte sich über die Zeit auch die Ausstattung des Ortsvorstehers mit verschiedenen Rechten und Pflichten, wobei manche davon, wie der Vorsitz im Gemeinderat bis heute unverändert überdauert haben. Andere Aufgaben, wie das Schlichten von zivilrechtlichen Streitfällen und bei Privatklagen entfiel ebenso, wie das Vorrecht der Strafbefugnis gegenüber den Bürgern, die der Stadtschultheiß und der Gemeinderat ab 1839 innehatten.

Auch die Geislinger Schultheißen, Bürgermeister und Oberbürgermeister mussten dabei nicht nur auf das Geschehen und die Entwicklungen in der Stadt reagieren, sondern wurden in ihrem Wirken auch durch äußere Einflüsse geprägt. Auch die Dauer der Amtszeit hing nicht selten vom individuellen Schicksal oder der Persönlichkeit ab. Alfred Allgaier stolperte so 1951 über ein Dienststrafverfahren das gegen ihn eingeleitet wurde, nachdem er einen Misstrauensantrag aus dem Gemeinderat mit der Schließung der Sitzung und Räumung des Ratssaales durch die Polizei beantwortet hatte. Mit Robert Leube und Erwin Schwarz fielen gleich zwei Stadtoberhäupter den Weltkriegen zum Opfer – Leube fiel als Hauptmann 1915 in Frankreich und Schwarz – 1938 als Bürgermeister auf Geheiß des NS-Regimes eingesetzt – gilt seit den Kämpfen um Stalingrad 1943 als vermisst. Andere Ortsvorsteher prägten ganze Epochen der Stadtgeschichte, wie etwa Helmut von Au, der von 1962 bis 1990 die längste Amtszeit der Geislinger Oberbürgermeister nachweisen konnte.

Es ist nicht mehr nachzuweisen bei wie vielen Wahlen das Objekt des Monats März, eine Wahlurne gefertigt aus Blech, im Einsatz war und wie viele tausende Stimmzettel bei Wahlen von Geislinger Schultheißen und Bürgermeistern in sie eingeworfen wurden. Mehrere Farbschichten, diverse Gebrauchsspuren und Überreste von Wachssiegeln, die dem sicheren Verschluss bei der Wahl dienten, zeugen jedoch von langen Jahren des Nutzens im Sinne der Demokratie und im Zeichen des Geislinger Wappens – der Stadtrose.

 

Wahlurne

Geislingen, um 1910

Museum im Alten Bau